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Der Radfahrer am Abend

Ausschnitt: Der Radfahrer am Abend

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Modern Berlin Work

Berlinwork - für mich sind die Zählvorlagen des 19. Jahrhunderts und die Vorlagen für die Jacquardweberei die ersten detaillierten Bilder, die in ein gleichmäßiges Raster zerlegt wurden, um sie zu vervielfältigen. Heute etwas Selbstverständliches, ob Druck, Fernsehen oder Computer.

Seit meinem Studium Anfang der 80ziger Jahre in Hannover hat sich vieles verändert, wir haben unsere Entwürfe wie im 19. Jahrhundert noch mit der Hand auf Patronenpapier (=abwischbares Kästchenpapier in verschiedenen Größen) umgesetzt. Heute gibt es dafür Programme, aber das Prinzip hat sich nicht geändert. Wenn ich nicht weiß, welche „Kästchen“ ich ausfüllen will, dann kann der Computer mir dabei auch nicht helfen.

 

 

Wurstladen

Ausschnitt: Wurstladen in Quedlinburg

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Wenn ich von Modern Berlinwork spreche, dann meine ich damit flächenbedeckende, detaillierte Stickereien in Gobelin oder Petit Point Stich, heute vorwiegend in Kreuzstich, gestickt nach einer Zählvorlage. Ich beziehe mich dabei nicht auf das Material der ursprünglich auch so genannten „Wollstickerei“. Außerdem bedeutet dies für mich auch den Verzicht auf Backstitches (= Holbeinstiche). Die verschiedenen Flächen und räumlichen Dimensionen werden durch Farben, nicht durch flächenbegrenzende Linien hergestellt. Des weiteren geht es um die Umsetzung eines Motivs in ein zählbares Stichraster, eine reduzierte Anzahl der Farben und Anordnung in Fadengruppen, bedingt durch die Technik des Stickens.

Aus diesen Faktoren ergibt sich der eigene Stil der Tapisseriestickerei, der nicht einfach austauschbar ist mit anderen Techniken wie z.B. einer Nadelmalerei oder einem Gemälde. Diese Definition erklärt auch die immer wieder auftauchende Nähe zur gewebten Tapisserie. Neuerdings sehe ich wieder häufiger Kopien von Petit Point-Stickerei im Stil des 19. Jahrhunderts als Jacquard-Weberei. Das ist nicht unlogisch, auch die Jacquard-Weberei hält sich an ein festes Raster, im Gegensatz zur Gobelinweberei, die ihrerseits häufig durch Petit Point imitiert wurde... Aber es würde zu weit führen, die Unterschiede und die Technik hier an dieser Stelle zu erklären.

 

3 Damen auf Besuch

Ausschnitt: 3 Damen auf Besuch

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Die Vorbilder der Motive vergangener Jahrhunderte waren Gemälde oder Zeichnungen. Heute gibt es die Fotografie, die alle Bereiche beherrscht, und die ich für den ursprünglichen Entwurf verwende. Aber so, wie die gestickte Rose des Biedermeiers kein Ölgemälde war, so sind meine Bilder keine Fotos, sondern eine freie Interpretation. Ich benutze die Fotografie nicht, um sie nur in ein anderes Medium umzusetzen, sondern als Möglichkeit, mit der modernen Technik Vorlagen für illusionäre Stickereien zu schaffen.

17.9.2002